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Ja, ich werde die Netteste unter der Brücke sein

Über Geld spricht man nicht. Oder etwa doch? Ganz drum herum kommen Sie nicht, schließlich müssen Sie und Ihr Kunde sich ja auf einen Preis einigen. Aber wenn Sie schon drüber reden, dann nur nett und freundlich. Sonst hängt so eine unbequeme Stimmung über dem Gespräch, und die ganze gute Beziehung ist belastet. Nicht, dass Sie am Ende gierig wirken. Also immer schön lächeln und dem Gegenüber entgegenkommen, damit es zufrieden ist.

Wenn Sie mit dieser Einstellung an eine Preisverhandlung herangehen, kann ich Ihnen gratulieren: Sie werden die netteste Person unter der Brücke sein. Denn sehr viel mehr werden Sie sich nicht leisten können, wenn Sie sich in Geldangelegenheiten nicht durchsetzen.

Um erfolgreich selbstständig zu sein, ist es also entscheidend, auch die Preisverhandlung zu meistern. Sowohl als Dienstleister als auch als Kunde, denn in beiden Fällen geht es um Ihr Geld. Und das ist viel zu wertvoll, um es aus Nettigkeit zu verschenken.

Geld ist ein Teil der Selbstständigkeit

Geld ist ein fester Bestandteil der Selbstständigkeit. Erfolgreich selbstständig ist nur, wer für seine Leistung auch angemessen bezahlt wird und sich nicht ausnutzen lässt. Aber ebenso ist es wichtig, sich von anderen nicht übervorteilen zu lassen, wenn Sie einmal selbst Kunde sind.

Am Anfang jeder Preisverhandlung steht das Bewusstsein, dass Sie arbeiten, um Geld zu verdienen. Ihr Produkt oder Dienstleistung ist hochqualitativ, also ist sie es auch wert, angemessen bezahlt zu werden. Sie müssen nicht kostenlose Arbeitsproben abliefern, um Andere von sich zu überzeugen. Oder kennen Sie ein Restaurant, das neuen Gästen erst einmal ein kostenloses Menü schenkt? Ja? Dann lassen Sie mich unbedingt wissen, wo ich es finde.

Wenn Sie nicht gerne über Geld reden, fragen Sie sich, weshalb das so ist. Man muss Preisverhandlungen nicht mögen, aber man muss sie beherrschen. Je nach Branche müssen Sie mehr oder weniger darum kämpfen, anständig bezahlt zu werden: Musiker und Grafiker werden gerne nach einer kostenlosen Probeleistung gefragt – Restaurants oder Supermärkte eher selten. Finde den Fehler…

Weshalb reden Sie nicht gerne über Geld?

Sind Sie mitunter noch nicht zu 100% überzeugt von Ihrem Angebot? Dann ab ans Reißbrett und nachbessern. Ihre Kunden werden merken, ob Sie wirklich hinter ihrem Angebot stehen oder nicht, und entsprechend darauf reagieren.

Oder haben Sie das Gefühl, der Wert Ihrer Arbeit würde verringert oder Ihre Leistung zu etwas Gewöhnlichem, wenn Sie ihn in Geld angeben? Dann überdenken Sie diese Position. Finanzen sind nichts, wofür man sich schämen müsste. Sie verkaufen Ihrem Kunden Ihre Expertise und Ihre Zeit, um sein Problem zu lösen. Dafür bezahlt er im Gegenzug einen angemessenen Preis. Solange Sie Ihre Miete nicht mit der Dankbarkeit Ihrer Kunden bezahlen können, müssen Sie Geld für Ihre Arbeit nehmen.

Vielleicht haben Sie auch Sorge, dass Sie keine Kunden finden, wenn Sie nicht bereit sind, den Preis zu senken. Sind Sie schon einmal an einen Verhandlungspartner geraten, der sie argumentativ in die Ecke gedrängt hat, und wollen so etwas zukünftig vermeiden? Diese Einstellung ist gefährlich, denn sie bedroht Ihre finanzielle Sicherheit. Erfolgreich selbstständig werden Sie so nicht.

Immer freundlich in die Armut

„Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber einen sicheren Weg zum Misserfolg: Es allen Recht machen zu wollen.“ (Platon)

Nachgiebigkeit in Preisverhandlungen ist oft der Versuch, einen Kunden zu gewinnen und einen langersehnten Auftrag unter Dach und Fach zu bringen. Viel zu oft werden hier Rabatte angeboten, um den Kunden zu überzeugen. Und das ist gefährlich: Ihr Kunde beginnt, Sie und Ihr Angebot zu hinterfragen. Weshalb ist so schnell ein Rabatt möglich, wenn er Einstiegspreis nicht schon vollkommen überzogen war? Welche Vergünstigungen sind noch drin, wenn er weiter verhandelt? Wie viel ist Ihr Angebot wert, wenn sie es so günstig verkaufen?

All dies sind keine Gedanken, die Sie im Kopf Ihrer Kunden haben wollen. Wenn sie auf das Angebot eingehen, werden sie immer weiter verhandeln und um alles feilschen wollen. Ihnen steht dann eine anstrengende Zeit bevor. Kommt es zu Folgeaufträgen, erwarten diese Kunden erneut Rabatte.

Höflich, aber bestimmt

Zu wissen, was Ihr Angebot wert ist und diesen Preis zu verlangen ist nicht gleichbedeutend mit Unhöflichkeit. Das würde ganz bestimmt niemanden überzeugen, bei Ihnen zu kaufen. Ebenso ist es nicht unhöflich, sparen zu wollen, wenn Sie selbst einmal der Kunde sind.

Erfolgreich selbstständig sind Sie nur, wenn Sie sowohl bestimmt als auch höflich sind. Nennen Sie Ihren Preis, erklären Sie ihn und dann stehen Sie dazu. Sie müssen sich nicht rechtfertigen, wie Sie auf eine bestimmte Summe kommen. Lassen Sie sich auch nicht verunsichern, wenn Ihr Gegenüber Ihnen erzählt, dass ein Mitbewerber dieselbe Leistung deutlich günstiger anbietet – wenn es von diesem günstigen Angebot überzeugt wäre, würde es nicht vor Ihnen sitzen und mit Ihnen verhandeln.

Im Zweifelsfall ist die ehrliche Aussage, dass Sie dem Kunden leider nicht weiter entgegenkommen können oder eine Leistung nicht zu einem bestimmten, zu hohen Preis einkaufen werden, immer die bessere Wahl.

Erfolgreich selbstständig mit diesen Verhandlungstipps

Es gibt kein Patentrezept dafür, wie Sie garantiert jede Preisverhandlung für sich entscheiden. Bei jedem Kunden ist ein wenig Fingerspitzengefühl gefragt. Aber es gibt einige Daumenregeln, die Ihnen sehr weiterhelfen können:

Die Leistung steht im Vordergrund

Fokussiert Ihr Kunde sich auf den Preis, rücken Sie die tatsächliche Leistung wieder in den Vordergrund. Was genau erhält er für sein Geld, und wie löst es seine Probleme? Was wird er verpassen, wenn er nicht auf Ihr Angebot eingeht? Je überzeugter Ihr Kunde von der Leistung ist, die er kauft, desto eher ist er bereit, Ihren Preis zu zahlen. Beginnt er, den Preis drücken zu wollen, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass er noch nicht vollkommen überzeugt ist oder Ihr gutes Angebot nicht verstanden hat.

„Zu teuer“ ist eine Ausrede

Sehr oft verbirgt sich hinter dieser Aussage etwas ganz anderes. „Zu teuer“ ist eine diplomatische Ausrede, weil man nicht sagen möchte, was einen eigentlich stört. Statt den Preis zu senken, ist es wichtiger herauszufinden, was genau den Kunden vom Kauf abhält. Vielleicht ist er noch nicht vom Produkt überzeugt, oder er glaubt nicht an eine fristgerechte Lieferung?

Ist diese Aussage allerdings nur der Versuch, den Preis zu drücken, können Sie ruhig selbstsicher reagieren: „Natürlich können wir den Preis senken. Auf welchen Teil der Leistung wollen Sie verzichten?“.

Geld ist unpersönlich

Ganz entscheidend, um erfolgreich selbstständig zu sein, ist die Erkenntnis, das Geld unpersönlich ist. Der Preis für eine Leistung hat nichts mit der Person zu tun, die diese Leistung erbringt.

Wenn Ihr Kunde den Preis drücken will, sollten Sie dies nicht als Angriff auf sich als Person sehen. Es ist sein mehr oder weniger geschickter Versuch, Geld zu sparen. Bleiben Sie entspannt und fragen Ihr Gegenüber, was es noch nicht überzeugt hat. So spielen Sie den Ball zurück.

Fazit: Brücke steht Ihnen nicht

Stehen Sie zu Ihrem Angebot und Ihren Zielen! Sie leisten tolle Arbeit, und die ist ihren Preis auch wert. Von der Nettigkeit Ihrer Kunden können Sie sich leider nichts kaufen, außer den Logenplatz unter der Brücke.

Ihre Anke Tielker

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