Gratis hat Grenzen: Preise souverän durchsetzen
Über den Umgang mit der Frage: "Können wir am Preis noch was machen?"

Vom Angsthasen zum Preis-Champion
Preise bitte! Und zwar ohne Zittern und schweißnasse Hände.
„Was kostet es denn?“ – Eine Frage, deren Beantwortung viele Solo-Selbstständige am liebsten umschiffen würden. Schließlich will man nicht zu teuer wirken, den potenziellen Kunden nicht verschrecken und irgendwie „sympathisch“ bleiben.
Gleichzeitig erlebt man als Selbstständige sehr oft, dass Menschen kostenlose Angebote freudig annehmen und von der Leistung, die sie erhalten, begeistert sind. Nachfolgende kostenpflichtige Angebote werden dann aber ignoriert. Frustrierend, oder? Aber keine Sorge: Es gibt Wege aus dieser Falle. Ich zeige dir, wie du deinen Preis selbstbewusst nennst und warum „Gratis“ manchmal dein größter Feind ist.
Keine Zeit zum Lesen? Hier die etwas verkürzte Hörfassung:
Teil 1: Warum Solo-Selbstständige oft in der Gratisfalle landen
- “Kannst du mal kurz?”-Kultur: Viele Menschen sehen Solo-Selbstständige nicht als Unternehmer:in, sondern als jemanden, der „mal eben schnell“ helfen kann. Und das am besten kostenlos.
- Guter Wille, schlechte Ergebnisse: Solo-Selbstständige neigen dazu, „Vorschnupper-Angebote“ gratis zu machen, um Kund:innen zu gewinnen. Doch oft endet es damit, dass Kund:innen zwar das Geschenk annehmen, aber nie den nächsten Schritt gehen.
- Gratis entwertet oftmals deinen Wert: Menschen schätzen, was sie bezahlen. Was sie nichts kostet, hat in ihren Augen oft einen geringen oder gar keinen Wert und bleibt damit auch nicht in Erinnerung. Aber genau dieses Erinnern ist doch so wichtig für uns als Selbstständige. Deshalb ist auch das „Nachfassen“ eine wichtige Tätigkeit bei der Akquise!
Hier darf ich kurz mal das Visier öffnen, auch wenn es mir nicht leicht fällt: Eine Kundin hatte einen Schicksalsschlag erlitten und war knapp bei Kasse. Sie fragte mich wegen eines Geschäftsvorfalls um Rat, konnte aber nichts bezahlen. Nun ja… Du ahnst es… Mein Mind-Fuck: Sie will nichts ausgeben, braucht nur diesen einen Rat, kann dann weitermachen und Geld verdienen, wird sich voller Dankbarkeit an mich erinnern, mich kontaktieren und dann auch für die Beratung zahlen, bla, bla, bla…
Fast richtig, denn sie hat nach einiger Zeit wieder angerufen. Sie hatte inzwischen auf Instagram ein Coaching gebucht für eine fast fünfstellige Summe, war damit unzufrieden und wollte wissen, ob ich ihr einen Tipp geben kann, wie sie aus der Nummer wieder rauskommt. Ohne Worte und Anke um eine Illusion ärmer. Danke.
Teil 2: Warum “Gratis” langfristig gefährlich ist
- Gratis zieht Gratis-Denker:innen an: Menschen, die einmal gratis etwas bekommen, erwarten oft, dass der Rest genauso läuft. Sie werden selten deine zahlenden Stammkunden. Menschen, die gratis was bekommen, erzählen es gerne weiter und so bekommst du weitere Gratis-Denker:innen.
- Du arbeitest, ohne zu verdienen: Als Solo-Selbstständige:r hast du keinen großen Apparat hinter dir. Jede Stunde, die du kostenlos arbeitest, ist eine Stunde, die dir Einnahmen raubt – und irgendwann fehlt dir die Energie, Zahlende zu betreuen.
- Kostenlos schadet deinem Selbstwert: Wenn du selbst ständig kostenlos anbietest, signalisiert das deinem Unterbewusstsein: „Mein Wissen ist nicht viel wert.“ Das wirkt sich auch auf deine Preisnennung aus.

Teil 3: Wie du der Gratisfalle entkommst
- Keine kostenlosen “Proben”: Stattdessen kannst du kleine, bezahlte Einstiegsangebote anbieten. Zum Beispiel: „Mein Akquisepaket "Booster your Business" kostet 99 Euro. So bekommst du eine konkrete Basis und kannst dann entscheiden, ob du mit mir weitermachen möchtest.“
- Verkaufen statt verschenken: Biete klare Pakete an, die den Kunden zeigen, was sie für ihr Geld bekommen. Beispiel: „Besser aufgestellt in der Selbstständigkeit – wie du Aufträge und zufriedene Kund:innen generierst“
- Grenzen setzen: Wenn jemand nach „nur einem kleinen Tipp“ fragt, kannst du freundlich, aber bestimmt sagen: „Sehr gerne! Das biete ich als Teil meines Beratungspakets an. Möchten Sie mehr erfahren?“ Das kann ich übrigens sehr empfehlen.
- Lerne, "Nein" zu sagen: Es ist okay, Anfragen abzulehnen, die nicht zu dir und deinem Wert passen. Gern wird auch gesagt: „Diesen Vortrag bietet ihr Mitbewerber kostenlos an.“ Hier antworte ich dann gerne mit: „Muss er auch…“ und dann ein höfliches „Das kann ich Ihnen leider nicht kostenlos anbieten“ bewirkt oft Wunder.
Teil 4: Warum dein Preis die richtigen Kund:innen filtert
Hier ist die Wahrheit: Nicht alle Kunden sind deine Kunden oder auch: Du kannst nicht von allen die Lieblingsfarbe sein. Und das ist gut so!
- Qualität über Quantität: Kund:innen, die bereit sind, deinen Preis zu zahlen, wissen deine Arbeit zu schätzen. Sie sind oft langfristig treu, weil sie den Wert sehen.
- Gratis zieht Schnäppchenjäger an: Diese Kunden bleiben selten und suchen beim nächsten Mal wieder jemanden, der günstiger oder kostenlos ist.
- Dein Preis ist ein Statement: Dein Preis zeigt: „Ich bin Profi und meine Arbeit ist wertvoll.“ Kunden, die das verstehen, werden dir langfristig mehr bringen als Dutzende Gratis-Anfragen.
Teil 5: Humorvolle Tipps gegen die Kostenlos-Mentalität
- Der Gratis-Anfrage-Konter: „Ich würde so gerne, aber ich habe mir vorgenommen, im neuen Jahr nur noch bezahlte Projekte zu betreuen!“
- Der Return: Lächle dein Gegenüber freundlich an, stell die Frage: „Warum?“ und warte einfach ab.
- Mach den Zahnärztinnen-Vergleich: Sag humorvoll: „Sie würden auch nicht erwarten, dass Ihre Zahnärztin den ersten Zahn kostenlos behandelt, oder?“
- Zeig den Wert: Kommuniziere, dass dein Wissen und deine Zeit die Kund:innen vor Fehlern, Stress und Zeitverlust bewahren – und dass das unbezahlbar ist (du es aber trotzdem preislich fair machst).
Fazit: Sag Nein zu Gratis, Ja zu deinem Wert
Solo-Selbstständige müssen ihren Wert immer wieder verteidigen – vor allem vor sich selbst! Wer kostenlos arbeitet, schadet langfristig dem Geschäft und der Motivation.
Stattdessen: Kommuniziere den Wert deiner Arbeit, zeig klare Grenzen und steh hinter deinem Preis. Dein Business ist kein Hobby und kein Ehrenamt – es ist dein Lebensunterhalt und auch das Finanzamt fordert es: Selbstständigkeit muss eine Gewinnerzielungsabsicht haben!
Zusatztipp:
- Stell deine Haltung zur Schau – mit Stil: Eine kleine, aber wirkungsvolle Methode: Hol dir meine Postkarte „Ich arbeite für Geld“ und gib ihr einen Ehrenplatz auf deinem Schreibtisch. Sie funktioniert wie ein stiller, aber bestimmter Reminder – sowohl für dich selbst als auch für deine Kunden

So setzt du die Postkarte kreativ ein:
- Auf dem Schreibtisch als Gesprächsöffner: Stell die Postkarte sichtbar neben dich, wenn du Gespräche mit Interessent:innen und Kund:innen führst. Sollte das Thema „Rabatt“ oder „können wir das kostenlos machen?“ aufkommen, kannst du humorvoll darauf verweisen:
„Sehen Sie, das steht hier extra für solche Situationen – ich arbeite für Geld.“
Das lockert die Stimmung und macht deinen Standpunkt charmant klar. Du kannst auch gerne „die Schuld“ auf mich schieben: „Sonst kriege ich Ärger mit ihr…“
- Im Hintergrund von Video-Calls und Online-Beratungen: Ob Zoom, Teams oder ein anderes Online-Tool – platziere die Postkarte so, dass sie diskret, aber sichtbar im Hintergrund zu sehen ist. Oft reicht schon ein Schmunzeln deines Gegenübers, um den Ton fürs Gespräch zu setzen.
- Als Giveaway oder Inspiration: Warum nicht anderen Selbstständigen, Freund:innen oder auch potenziellen Kund:innen ein Exemplar schenken? Die Karte wird zum humorvollen Statement.
- Als Reminder für dich: Egal, wie oft du dich selbst daran erinnern musst, deinen Wert nicht zu verschenken – ein Blick auf die Postkarte reicht. Sie kann auch als kleines Ritual dienen: Vor wichtigen Preisgesprächen kurz darauf schauen, tief durchatmen, und sich sagen: „Ich arbeite für Geld. Und das ist gut so.“
Und übrigens: Die Postkarte kannst du direkt bei mir bestellen – denn ja, auch meine Fotografin, Webdesignerin, Programmiererin, Druckerei und ich arbeiten für Geld!
Hast du Ähnliches erlebt? Mach anderen Mut, indem du sie an deinen Erfahrungen teilhaben lässt. Gerade Preisverhandlungen sind ein sehr sensibles Thema.
Mit welchen Antworten hast du Versuche, den Preis zu drücken, abgeblockt. Bei welcher Argumentation hast du nachgegeben und dich hinterher darüber geärgert?
Gib hier gerne einen Kommentar ab oder schreib mir an info(at)anke-tielker.de. Du findest Auszüge aus dem Blog auch auf Insta und Facebook und kannst sie dort kommentieren. Ich freue mich über jedes Feedback
Deine Anke
Fotos/Grafik: DDRockstar – stock.adobe.com, zottilotti design – stock.adobe.com, Fotostudio am Holzmarkt